April 2012
Dear Classic Car Driver
Die Aufholjagd geht gnadenlos weiter…. Ich bin bereits schon bald wieder à jour!
Clubmässig ist in der Zwischenzeit saisonbedingt nicht wahnsinnig viel gelaufen, so will ich ausnahmsweise einmal über eher private Erlebnisse mit einem Classic Car berichten.
Obschon ich damit keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben will, so kann diese Episode mit meinem Rover letztendlich doch jeden unter uns auf irgendeine Art treffen.Die ganze Sache begann im letzten Herbst, als auf der Heimfahrt an der Grenze zu Zollikon unvermittelt der Motor zu stottern begann und trotz diverser Reanimationsversuche relativ schnell den Geist vollends aufgab. Obschon der Tank beinahe voll war, deuteten die Symptome doch eindeutig auf Benzinmangel hin. Ich schaffte es gerade noch so knapp auf das Trottoir vor einem Parkplatz, dann war definitiv fertig.
Also, dann: zunächst Lösen der Benzinleitung und Motor drehen lassen. Nichts, kein Tropfen Treibstoff kam aus der Leitung. Da die Rover-Benzinpumpe vom mechanischen Bautyp und recht weit im Motorraum unten ist, war keine „Roadside – Repair“ möglich. Also blieb zu meinem Frust wirklich nur der Pannendienst, der das Auto und mich etwa 2h später in der Tiefgarage der Pyramide ablieferte.
Tags darauf hatte ich eine kleine „Not-Pumpe“ organisiert, sowie diverse Schläuche und montierte alsbald die notwendigen Umleitungen und elektrischen Verbindungen, um dem Motor seinen Lebenssaft wieder zuführen zu können. Das funktionierte ganz leidlich und reichte mühelos bis ins Winterlager, wo alles sorgfältig zugedeckt wurde und auf bessere Zeiten wartete.
Der Motorraum mit gut versteckter Benzinpumpe
Diese kamen im März, sobald die Aussentemperaturen über 5° kletterten – bewehrt mit weiteren Schläuchen und diversem Werkzeug machte ich mich an die Demontage der Benzinpumpe. Dabei bemerkte ich eine Art von Bolzen, der vorstand und mir den Zugang zu einer der beiden Muttern verwehrte, mit denen die Pumpe am Motorblock befestigt war. Also gut, ich schob diesen zurück und setzte den Schraubenschlüssel an. Sobald die Pumpe sich zu bewegen begann, bemerkte ich zu meinem leichten Ärger, dass mir nun ständig Benzin ins Gesicht spritzte... – so war die Pumpe wohl doch nicht defekt????
Der vorstehende Bolzen
War der „Bolzen“ womöglich eine Welle für den Hebel, der von einer Nockenelle im Motor angetrieben, für die Pumpbewegung sorgte??? Nun ja, einen Versuch wars ja wohl wert: ich zog die Muttern wieder fest, konnektierte die Leitungen und machte einen Startversuch. Zum meinem nicht geringen Erstaunen lief der Motor sofort nicht nur an, sondern auch weiter – ganze 5 Minuten, dann glaubte auch ich es….. Wie die richtigen Mechaniker musste ich nun natürlich eine Probefahrt durchführen: was vielversprechend begann, hörte aber leider nach rund 30 Metern bereits wieder auf. Motor „tot“. Und das auf einer Hauptstrasse in einer Rechtskurve bei Feierabendverkehr.
Ich schaffte es zur Hälfte aufs Trottoir, dann war einmal mehr Ende der Dienstfahrt...
Anschliessend wurde es aber erst richtig spannend: mit haarsträubenden Manövern kurvten die hinter mir befindlichen Fahrer um den Rover herum und riskierten dabei beim doch lebhaften Gegenverkehr Kopf und Kragen. Erst als ich einen davon anhielt, in dem ich mich einfach (irgendwie todesmutig) in seinen Weg stellte und ihn freundlich um Hilfe bat, konnte mein Auto aus dem Weg gestossen werden. Nun gut, glücklicherweise war ich in weiser Voraussicht bergauf gefahren, sodass ich den Rover neben der Strasse zurückrollen lassen konnte. Ein Blick unter die Haube bestätigte meinen Verdacht: die Welle an der Benzinpumpe war wieder verschoben. So versuchte ich eben den Trick mit dem Zurückschieben nochmals – und diesmal war ich bereits weniger verwundert, dass der Motor ohne Anstände wieder anlief.
Aber leider war es so, dass sich die besagte Welle mit der Zeit wieder nach aussen bewegte und sich davon auch mit gutem Zureden nicht abbringen liess. Ein Blick ins Workshop Manual zeigte, dass die Sicherungsbüchse, die sie daran hätte hindern sollen, nicht mehr vorhanden war und eine Reparatur in situ war aus Platzgründen schlicht unmöglich.
So blieb mir trotz diverser Kraftausdrücke nach mehreren missglückten Rep-Versuchen doch nur noch das Demontieren der Pumpe. Dass der Tank noch voll war, erleichterte diese Aufgabe nicht wirklich, und mir graute bereits in diesem Moment vor Zeitpunkt, an dem ich die Pumpe wieder montieren musste. Naja, irgendwie schaffte ich es ohne Benzinpest, mit viel Tüchern und Auffangbehältern, sowie leicht gehetzter Arbeitsweise… - und einem in weiser Voraussicht bereitgestellten Verschlusszapfen für die Benzinleitung (der sogar mühelos passte!).
Pumphebel-Bolzen (vonu), sowie in der Realität, vom Motor her gesehen, die beiden ineinandergreifenden Hebel (im Moment dieser Aufnahmen noch nicht korrekt verbunden!).
So war schlussendlich die Pumpe draussen und auf der Werkbank. Nur, woher um alles in der Welt sollte ich nun eine Sicherungsbüchse hernehmen, die passte??? Der Rep-Satz, der mir von der Classic Car Connection geschickt worden war, umfasste leider nur gerade die leicht verderblichen Teile wie Membrane und Dichtungen (die wohl auch normalerweise defekt zu sein pflegten). So musste ich tief in mein Unterbewusstsein eindringen: irgendwo, als ich das Auto gekauft hatte, war da doch noch irgendetwas…. – genau, ein Notfall-Set, das mir der alte Herr Bär mitgegeben hatte. Er hatte die Schachtel mit Kühlerschläuchen, Zündkerzen, Unterbrecher, etc. immer auf grösseren Reisen mitgeführt. Vielleicht war da drin irgendetwas Brauchbares? Und, tatsächlich! In einer originalen, allerdings leicht brösmeligen AC Delco Schachtel fand sich ein ebenso originialer, sehr umfangreicher Revisions-Satz für die Benzinpumpe mit allen erdenklichen Teilen – unter anderem auch den gesuchten Sicherungsbüchsen, welche etwa die Grösse und Form einer Schreckschuss-Patrone hatten, die wir früher jeweilen zur Fastnachstzeit mit uns herumtrugen und die Leute erschreckten.
Originaler Rep-Satz von AC Delco mit den gesuchten Sicherungsbüchsen
Grösse des fehlenden Teils….
Nachdem ich die Pumpe gereinigt hatte und mich von deren ansonsten einwandfreiem Zustand überzeugt hatte, setzte ich das fehlende Teil ein und machte mich voller freudiger Erwartung auf den Weg zurück zum Auto.
Einbau der Sicherungsbüchse – hält auch ohne Uhu Hart – selbst im Zweifel….
Der Einbau der Pumpe ging erfreulich problemlos und wiederum ohne Landschaden vonstatten. Auch der Motor startete. So versuchte ich denn Probefahrt No 2. Diese führte aber eben gerade fünf Meter weit, dann war wieder Ende…..
Was nun????
Es blieb mir zur unterdessen recht späten Stunde nichts anderes, als zähneknirschend die ganze Ersatzeinrichtung vom letzten Herbst zu montieren, um den schweren Wagen wieder in seinen Unterstand zurückzubefördern – stossen war aussichtslos.
So spielte ich also auch die ganze Übung mit dem Pumpen-Ausbau nochmals durch und sinnierte anschliessend zuhause vor der Werkbank über die Ungerechtigkeit der Welt, als mir schlussendlich doch die Erleuchtung kam: vielleicht war die Welle gar nicht am richtig montiert? Jedenfalls hatte die Pumpbewegung am Hebel, der durch die Nockenwelle bewegt werden sollte, absolut keinen Effekt. Schweren Herzens demontierte ich also auch die neue, schöne Sicherungsbüchse wieder, zog die Welle etwas heraus und konnte dabei feststellen, dass diese nicht nur durch einen, sondern durch deren zwei ineinandergreifende Hebel führen muss, also als Widerlager für eine Umlenkbewegung dient. Ich hatte dies beim ersten Versuch mit meinem benzinbenebelten Denkapparat nicht bemerkt. Jetzt aber pumpte es gewaltig: seit dem Funktionstest kann ich mit Sicherheit sagen, dass sich Benzin weder als Augenspülung noch als Haarwasser sonderlich gut eignet – und als Eau de Toilette ebenfalls nur beschränkt, wie mir meine Frau ziemlich deutlich kundtat….
Alles wieder an seinem Platz und funktionstüchtig!
Irgendwann war alles wieder an seinem angestammten Platz, die Benzinleitungen festgezogen und dicht – es stand die Probefahrt No 3 an. Nur, der Motor wollte partout nicht starten. Benzin war zwar überall vorhanden, wo notwendig….
Zu meiner Ehrenrettung kann ich anbringen, dass ich weniger als 3 Minuten brauchte, um herauszufinden, dass bei der Montage ein Kabel von der Zündspule abgefallen war. Nach dessen Befestigung lief der „Trusty V8“ ohne Probleme an und läuft seither wie die Jahre zuvor: zuverlässig.
Die ganze Episode hat irgendwie etwas Philosophisches:
Es ist ganz erstaunlich, wie viele Umstände ein kleines Teil von der Grösse eines Zündholzkopfes zu verursachen vermag – und zuerst muss es auch noch gefunden werden; dies in zweifacher Hinsicht: einerseits müssen Ort des Fehlens und Art des fehlenden Teils eruiert werden, sowie muss andererseits ein entsprechender Ersatz gesucht und beschafft werden….
Und das genau macht den Reiz unseres Hobbys aus: obschon man im Moment alle englische Mechanik ins Pfefferland wünscht, ist letztlich alles irgendwie reparabel.
Die Befriedigung jedenfalls ist gross, wenn man schlussendlich im friedlich schnurrenden Auto wieder durchs Land kutschieren kann! Und man ist doch irgendwie ein bisschen stolz, dass man es einmal mehr geschafft hat….
Yours very sincerely
Urs