Uetikon, 28. Juli 2021
Dear Classic Car Driver
Another Night to remember….
Eckdaten: 800km, 14 Pässe, 19 Stunden, Mondschein, Nebel: Nachtfahrt 2021.
Aber der Reihe nach:
An sich hatte ich eine völlig andere Route geplant. Als Georg Dönni uns jedoch für den Start auf die Rütliwiese einlud, konnte ich natürlich nicht widerstehen, denn eine derartige Gelegenheit wird sich sicherlich nicht mehr bieten. Da war mir der Aufwand nicht zu gross, nochmals bei Planquadrat 1 anzufangen.
Rekognoszierung
Aufstieg zum San Bernardino. Damals war es deutlich heller trotz fehlendem Mond...
Mein treuer Co-Pilot (und Sohn) Patrik und yours truly machten sich am 9.7. auf den Weg, um die ganze Route 1:1 abzufahren – wir wollten ja angesichts der gröberen Niederschläge letztendlich einigermassen sicher sein, dass uns keine bösen Überraschungen in Form von gesperrten Strassen erwartete. Ausser ein paar sehr spitzen, malignen Brocken im Aufstieg auf den Stelvio waren in dieser wunderbar klaren Nacht, in der wir auf dem Berninapass einmal mehr ohne Lichtverschmutzung die Milchstrasse bewundern konnten, keine unangenehmen Ereignisse im Programm, sodass wir der eigentlichen Nachtfahrt gelassen entgegensehen konnten.
Start
Der Vorstart für uns Unentwegte fand dieses Jahr wie schon bereits das PicNic auf dem Horgenberg statt, wo wir um 13 Uhr losfuhren, um sicher innerhalb unseres Zeitfensters auf der engen Zufahrtsstrasse zum Rütli anzukommen. Dort wurden wir bereits von weiteren rund 40 alten Autos erwartet, die sich alsdann auf die Strecke des Alpenbrevet machten. Nach erfolgtem Flüssigkeitsaustausch der Crews und gebührender Bewunderung der Wiege der Schweiz (zu unserer Schande waren die meisten noch hie hier gewesen….) machten wir uns auf den staubigen Start zu unserer Tour. Leider mussten wir hier den ersten (und einzigen) Teilnehmer zurücklassen, bei dessen E Type ein Kühlventilator ausgestiegen war. Der Fahrer mochte die Gesundheit des Motors auf den Alpenpässen nicht aufs Spiel setzen und trat schweren Herzens den (flachen) Rückweg nach Hause an.
Aussicht auf den Vierwaldstättersee von der Wiege der Schweiz aus
Unterwegs zum Grimselpass
Wir hingegen fuhren zielstrebig ebendiesen Pässen entgegen, wobei der Brünig eher als eine Art Aufwärmrunde empfunden wurde. Der Grimsel dann ist bekanntlich ein «richtiger» Pass – hier schoss Sandro seine genialen Bilder der Teilnehmer, wie in der nachfolgenden Serie ersichtlich.
Überwinden des Nufenen
Es folgte der Nufenen, den ich mit gemischten Gefühlen anging, denn vor Jahren hatte hier kurz nach Ulrichen der Zylinderkopf des Morris seinen Geist aufgegeben. Aber der XK140 erwies sich als zuverlässiger und absolvierte die Kurven und Höhenmeter ohne jegliche Zeichen von Müdigkeit und liess manchen modernen Schleicher locker hinter sich – beachtlich für ein 60-jähriges Auto.
Abendverpflegung
Warten auf das "letzte" Team
Wo sie wohl bleiben???
Hinunter gings dann lockerer, beschwingt wurde das Bedretto-Tal durchfahren, um schliesslich auf der Autobahn das erste Zwischenziel zu erreichen, nämlich die Raststätte Ambri Piotta (aka Gottardo Sud – diese doppelte Namensgebung führte zu Verwirrungen und einer Zusatzrunde). Pünktlich traf hier auch mein Co-Pilot Patrik ein, der mich in den folgenden Stunden unterstützen würde. Alldorten verpflegten sich die Mannschaften, um alsbald frisch und unternehmungslustig in die inzwischen hereingebrochene Dämmerung hineinzufahren.
Durch die Nacht über viele Pässe nach Landquart
Es war einmal mehr das pure Vergnügen (ich weiss, ich habe dies bereits mehrmals geschrieben, aber es ist einerseits noch immer eine Tatsache und andererseits stellt diese Nachtfahrt mit guten Kollegen für den Schreibenden nach wie vor der Höhepunkt der Fahrsaison dar).
Grossartig war zum Beispiel der Vollmond im Aufstieg zum Splügenpass, ein Erlebnis, das ich wohl für den Rest meines Daseins in Erinnerung behalten werde – Vanessa hat es zumindest optisch der Nachwelt erhalten.
Was bisweilen etwas Mühe bereitete, waren einerseits die immer wieder auftretenden Nebelschwaden, die die Sicht ganz übel behindern konnten, sowie die Temperaturen auf den Passhöhen, die sich in der Region 10° oder sogar darunter befanden. Aber da das Dach eines XK 140 OTS diesbezüglich keine Vorteile bringt, fuhren wir weiterhin offen und hofften jeweils auf wärmere Verhältnisse in den Tälern….
Diese kamen so langsam zusammen mit der Morgendämmerung, die sich im Münstertal mehr und mehr durchsetzte und beim Überqueren des Flüelapasses endgültig einem wolkenverhangenen Tag Platz machte.
Endlich am Ziel
Gruppenbild mit Dame
Nach Auftanken der Fahrzeuge in Landquart (Benzin mit Zusatz für die Autos, Espresso für die Crews) wurde die letzte Etappe nach Uetikon unter die Räder genommen – am Schluss dann noch etwas beschwingt, weil sich doch tatsächlich ein leichtes Nieseln einstellte und ich partout das Dach des XK nicht aufspannen wollte…
Aber es feuchtete zum Glück nur lokal, zuhause angekommen war der XK zwar durch die Tropfen auf dem Staub nicht mehr sonderlich photogen, aber sicher wieder trocken.
Das Schlussbouquet war das traditionelle Frühstücksbuffet von Iris – ein stimmiger Abschluss für eine weitere sensationelle Nachtfahrt.
Fazit
Es haben sich bereits wieder Unentwegte für die Nachtfahrt 2022 angemeldet…
Die Autos, insbesondere die Alten, haben sich perfekt gehalten. Erwähnenswert sind einerseits einmal mehr der Mini von Vanessa, der trotz quietschenden Bremsen (immer noch….) und einem Passagier tapfer mithielt, sowie auch der Karmann Ghia von Martin, der auf dieser Fahr mehr (problemlose!) Kilometer absolvierte als die 7 Jahre zuvor!
Dass mein altes, originales Schlachtross durchhalten würde, hatte ich eigentlich erwartet – wir kennen und schätzen uns doch immerhin bereits 23 Jahre. Grossartig finde ich es trotzdem – Kompliment nach Coventry!
Bis zum nächsten Jahr am 15./16. Juli, wenn es wieder heisst: Ladies and Genlemen, start your engines
Yours very sincerely
Urs
Ein besonderer Dank den Photographen, allen voran Sandro Klausner, der die nostalgisch anmutenden Fahr-Bilder schoss (Instagramm: @sandro.klausner), aber auch Ernst Maurer (Rütli) und Vanessa Graf (Rütli und Nacht), die mir ihre Handy-Bilder zur Verfügung stellten